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Polen: Verfassungsgericht hält Reduktion des Religionsunterrichts für verfassungswidrig

17. Juli 2025

Das polnische Verfassungsgericht hat die vom Bildungsministerium geplante Reduktion des Religions- und Ethikunterrichts an den öffentlichen Schulen für verfassungswidrig erklärt. Der Vorsitzende der Bildungskommission der Polnischen Bischofskonferenz, Bischof Wojciech Tomasz Osial von Łowicz, begrüßte das Urteil vom 3. Juli. Er hoffe, dass nach diesem Entscheid die Rechtsordnung wieder hergestellt, die vom Gericht aufgehobenen Verordnungen widerrufen und die für die Bildung zuständigen Stellen in Polen diesen Verordnungen, die am 1. September 2025 hätten in Kraft treten sollen, nicht folgen werden. Andernfalls würde die Kirche weitere rechtliche Schritte einleiten, auch bei internationalen Institutionen.

Das Bildungsministerium hatte am 17. Januar 2025 die Reduktion des (freiwilligen) schulischen Ethik- und Religionsunterrichts von zwei Stunden auf eine Randstunde pro Woche verfügt. Die Sprecherin des Verfassungsgerichts, Krystyna Pawłowicz, begründete das Urteil mit dem Umstand, „dass die Art und Weise, in der die Bildungsministerin die angefochtene Verordnung erlassen hat, mit der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist, die den für das Bildungswesen zuständigen Minister verpflichtet, in Absprache mit Vertretern der Kirchen zu handeln. Die Bildungsministerin hat den Inhalt der angefochtenen Verordnung willkürlich gestaltet. Die inhaltlichen Positionen der interessierten Vertreter der Kirchen und religiösen Vereinigungen wurden nicht berücksichtigt.“

Die Bildungsministerin Barbara Nowacka hat deutlich gemacht, dass sie das Urteil des Verfassungsgerichts nicht anerkennt, unter anderem weil das Parlament dem Verfassungsgericht am 6. März 2024 die Legitimität abgesprochen habe. Die Regierung von Donald Tusk anerkennt seither insbesondere Urteile des Verfassungsgerichts nicht, an denen aus ihrer Sicht rechtswidrig ernannte „Neo-Richter“ beteiligt sind. Die Situation ist Teil der polnischen Verfassungskrise, die 2017 mit den umstrittenen Justizreformen der damaligen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eingeleitet wurden.

Nowacka bezeichnete das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts als „Versuch, das Bildungssystem zu destabilisieren“. Es habe durchaus Versuche gegeben, mit den Bischöfen, eine Einigung zu erzielen, diese seien aber an deren Veto gescheitert. Das Konkordat verlange, dass der Staat Religionsunterricht organisiere, über den Umfang entscheide jedoch die Regierung. Die Reduktion genieße die Unterstützung einer Mehrheit der Bevölkerung.

Am 29. Juni hat die „Vereinigung der Laienkatecheten“ dem Parlament eine halbe Million Unterschriften für die Bürgerinitiative „Ja zu Religion und Ethik in der Schule“ überreicht, die zwei Pflichtstunden Religions- und Ethikunterricht pro Woche verlangt. Im März hatte eine Arbeitsgruppe für Gemeindekatechese der Bischofskonferenz angekündigt, dass ab September 2026 in den polnischen Pfarreien eine allgemeine Katechese angeboten werde, die sich aber vom theoretischen Schulunterricht unterscheide.

Regula M. Zwahlen