Montenegro: Politische Diskussionen um Denkmal für Metropolit Amfilohije
Metropolit Amfilohije (Radović), der 2020 an Komplikationen aufgrund einer Coronavirus-Infektion gestorben ist, soll in der montenegrinischen Kleinstadt Berane ein Denkmal erhalten. Amfilohije leitete die Metropolie Montenegro der Serbischen Orthodoxen Kirche (SOK) während rund 30 Jahren und ist in Montenegro eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Das montenegrinische Kulturministerium hatte das Gesuch der Gemeinde Berane zunächst abgelehnt, nach scharfer Kritik aus der SOK aber eingelenkt. Daraufhin bewilligte die Regierung das Denkmal.
Die Eparchie Budimlje und Nikšić, deren Sitz in Berane ist, bezeichnete die Argumentation des Kulturministeriums bei der ursprünglichen Ablehnung als „schändlich“. Es anerkenne Amfilohije in seiner Begründung nicht als „verdiente Persönlichkeit der jüngeren Geschichte Montenegros“. So „haben wir statt eines Denkmals für Metropolit Amfilohije eine monumentale Figur bürokratischer Boshaftigkeit bekommen“, heißt es im Statement der Eparchie. Die Gründe für die Ablehnung seien „willkürlich und widersprüchlich“ und teilweise „boshaft“. Angesichts der gesetzlich festgelegten Vorbehalte gegen die Errichtung von Denkmälern, darunter die Zusammenarbeit mit Besetzern, das Vertreten faschistischer Ideologien, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder eine negative Rolle in der Geschichte Montenegros oder der Welt, wirft die Eparchie dem Kulturministerium vor, Amfilohije entsprechendes Fehlverhalten zu unterstellen. Daher weise sie mit „Unglauben und äußerster Entrüstung“ die Begründungen des Kulturministeriums zurück. Die Eparchie betonte, dass die montenegrinische Bevölkerung ihr Verhältnis zum Metropoliten mit ihrer massenhaften Anwesenheit an dessen Begräbnis ausgedrückt habe. Seither habe die Achtung gegenüber seiner Persönlichkeit noch zugenommen.
Das Kulturministerium hatte seine Ablehnung hauptsächlich mit einem Gesetzesartikel begründet, dass ein Denkmal für eine Person frühestens 20 Jahre nach deren Tod errichtet werden darf. Mit Zustimmung der Regierung kann es jedoch auch früher aufgestellt werden. Gleich nach der Kritik der SOK revidierte Tamara Vujović, Ministerin für Kultur und Medien, die Entscheidung und entschuldigte sich bei der Kirche. Nur einen Tag später bewilligte die Regierung die Errichtung eines Denkmals. Montenegros Präsident Jakov Milatović sagte, Amfilohije verdiene es, dass man ihm ein Denkmal errichte. Er sei eine wichtige Persönlichkeit der jüngsten Geschichte des Landes. Der stellv. Ministerpräsident Aleksa Bečić erklärte, es sei ihm eine Ehre, die Sitzung geleitet zu haben, an der die Einwilligung zum Denkmal gegeben wurde. Amfilohijes Rolle gehe über kirchliche und theologische Fragen hinaus, weil er eine „Brücke zwischen verschiedenen Epochen, Kulturen und Traditionen war“ und sich der „Erneuerung spiritueller Werte und der Bewahrung der Seele Montenegros“ gewidmet habe. Das Denkmal werde dauerhaft an „seine Kraft, Weisheit und Liebe zu Montenegro und zum Glauben“ erinnern.
Allerdings zeigte sich auch innerhalb der Regierung, wie umstritten der verstorbene Metropolit ist, als die Minister der albanischen und bosniakischen Parteien die Sitzung aus Protest verließen. Die Partei Albanisches Forum, die mit zwei Vertretern an der Regierung beteiligt ist, warf Amfilohije vor, Hass verbreitet zu haben, indem er Albaner, Bosniaken und Muslime mit Schimpfnamen und verletzenden Namen bezeichnet und die Montenegriner nicht als Nation anerkannt habe. Zudem habe er Hass gegenüber dem Westen und demokratischen Staaten und Gesellschaften sowie gegenüber den Nachbarstaaten verbreitet. So jemand verdiene kein Denkmal. Die Bosniakische Partei, die ebenfalls Teil der Regierungskoalition ist, gab zu bedenken, dass ein Denkmal für den Metropoliten „nicht zur multiethnischen Harmonie in Berane und Montenegro beitragen wird“. Sie verstehe die religiöse Beziehung eines Teils der Bevölkerung zu Amfilohije, aber in einem säkularen Staat sowie einem „multiethnischen und multireligiösen Umfeld wie Berane“ sollte dieses Thema mit viel mehr Fingerspitzengefühl angegangen werden, insbesondere angesichts der „gelinde gesagt kontroversen Aussagen“ des Metropoliten über Muslime und andere religiöse und ethnische Gemeinschaften.
Auch verschiedene NGOs kritisierten die Entscheidung der Regierung, ebenso die Oppositionsparteien. Letztere warfen den albanischen und bosniakischen Parteien vor, inkonsequent zu sein und die Regierungskoalition nicht verlassen zu haben. Kritiker sehen das Vorgehen auch im Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen. Die Regierung wolle fehlende Ergebnisse überspielen, indem sie die Popularität des verstorbenen Metropoliten in einem Teil der Bevölkerung ausnutze.
Nach den Parlamentswahlen 2020 hatte Metropolit Amfilohije zwischen mehreren Parteien vermittelt und so die Bildung einer Regierungskoalition gefördert. Die erfolgreiche Regierungsbildung hatte die rund 30-jährige Regierungszeit des Langzeitherrschers Milo Đukanović und seiner Demokratischen Partei der Sozialisten (DPS) beendet. In den Jahren zuvor hatte die DPS-Regierung häufig in Konflikt mit der SOK gestanden, insbesondere aufgrund eines umstrittenen Religionsgesetzes. (NÖK)
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