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Estland: Religionsgesetz verabschiedet und Umbenennung der orthodoxen Kirche

10. April 2025

Am 9. April 2025 hat das estnische Parlament in dritter und letzter Lesung eine Anpassung des Kirchengesetzes angenommen. Nun darf eine Kirche, Gemeinde oder ein Kloster in Estland nicht von einer Person oder Vereinigung geleitet werden, die sich im Ausland befindet. Sie dürfen auch nicht durch ihr Statut oder andere Dokumente oder wirtschaftlich mit einer Religionsgemeinschaft, einem spirituellen Zentrum, Leitungsorgan oder spirituellen Anführer im Ausland verbunden sein, wenn diese eine Bedrohung für die Sicherheit oder die verfassungsmäßige oder öffentliche Ordnung Estlands darstellen. Eine Bedrohung besteht, wenn die betreffende Person oder Institution einen militärischen Angriff unterstützt oder zu Krieg, Terrorismus oder sonstiger illegaler Gewaltanwendung aufruft. Damit zielt die Gesetzesanpassung, die vom Innenministerium angeregt wurde, auf die Estnische Orthodoxe Kirche – Moskauer Patriarchat (EOK–MP). Denn Estland hat das Moskauer Patriarchat zu einem Komplizen des russischen Staats und seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine erklärt. Mit Blick darauf drängt der Staat die EOK–MP schon länger, sich völlig vom Moskauer Patriarchat loszusagen, zu dem sie kanonisch gehört. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes haben Glaubensgemeinschaften zwei Monate Zeit, sich an die neue Gesetzgebung anzupassen.

Angesichts der vorangegangenen Ereignisse und der Stimmung gegenüber der EOK–MP zeigte sich diese von der Verabschiedung des Gesetzes nicht überrascht. Sie wiederholte in einem Statement vom 9. April, dass die Gesetzesanpassung direkt ihre Religionsfreiheit einschränke. Sie bat den Präsidenten und die Justizministerin, dies zu bewerten, und wandte sich an internationale Organisationen, da die „Religionsfreiheit universell ist und globale Prinzipien betrifft“. Die Verabschiedung der Gesetzesänderung bedeute nicht, dass die EOK–MP ihre Rechte und Prinzipien aufgeben werde. Sie will weiterhin ihren Gemeinden dienen und verlässt sich auf Gottes Hilfe.

Sorgen bereitet der EOK–MP auch eine andere Gesetzesanpassung, die am 24. März vom estnischen Parlament in dritter und letzter Lesung verabschiedet worden war. Gemäß dieser dürfen in Estland niedergelassene Bürger:innen von Drittstaaten, darunter Russland, Belarus und die Ukraine, und Staatenlose nicht mehr an Lokalwahlen teilnehmen. Das ist für die EOK-MP insofern ein Problem, als entsprechend dem geltenden Kirchengesetz niemand Priester sein darf, der nicht über das Recht verfügt, auf lokaler Ebene zu wählen. Daher könnte ein Teil der Geistlichen der EOK–MP das Recht verlieren, in Estland als Geistliche zu wirken. Die Kirche sei „zutiefst besorgt“, dass die Verfassungsänderung zu einer „ernsten Krise im religiösen Leben der orthodoxen Gläubigen in Estland führen könnte“, sagte Bischof Daniil (Lepisk) von Tartu.

Mehr Erfolg hatte die EOK–MP mit ihrer Namensänderung, mit der sie ihre Selbstständigkeit verdeutlichen will. Das Kreisgericht von Tartu hat ihren neuen Namen gutgeheißen, sie darf sich in Zukunft „Estnische Christliche Orthodoxe Kirche“ nennen. Damit gab das Gericht einer Klage der EOK–MP statt, die sich so dagegen gewehrt hatte, dass ihr neuer Name zuvor nicht registriert worden war. Die Registrierungsabteilung hatte ihre Weigerung damit begründet, dass der neue Name irreführend sei, weil er angeblich Anspruch auf die Vertretung aller Orthodoxen in Estland erhebe.

Das Gericht entschied am 24. März, der neue Name sei gesetzmäßig und nicht irreführend in Bezug auf das „Ziel, den Umfang und die juristische Form“ der Tätigkeit der Kirche. Die Erklärungen der Klägerin, dass der Name das Ziel und den Handlungsbereich der Kirche korrekt abbilde, fand es angemessen und verständlich. Der Beschluss ist endgültig und verbindlich, die Registrierungsabteilung muss sich noch einmal mit der Registrierung des Namens befassen. Der neue Name und das neue Statut, das die Kirche im August 2024 verabschiedet hatte, drückten ihre „Selbstständigkeit in kirchlich-administrativen, kirchlich-wirtschaftlichen, kirchlich-erzieherischen und kirchlich-bürgerlichen Angelegenheiten“ aus, erklärte Bischof Daniil. Schon im September 2024 hatte die EOK–MP ihr neues Statut und als neuen Namen „Estnische Orthodoxe Kirche“ registrieren lassen wollen. Damals war der neue Name mit der gleichen Begründung der Irreführung abgelehnt worden. (NÖK)