Vatikan: Papst will eher nach Moskau als nach Kiew reisen
Papst Franziskus ist bereit nach Moskau zu reisen, um den russischen Präsidenten Vladimir Putin zu treffen und ihn zu drängen, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Das erklärte das Kirchenoberhaupt in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung Corriere della Sera am 3. Mai, aber bisher habe man keine Antwort aus Moskau erhalten. Der Vatikan frage weiter nach, „aber ich fürchte, dass Putin diese Begegnung im Moment weder machen kann noch will“, so der Papst. Dagegen hatte er trotz Einladungen aus der Ukraine einer Reise nach Kiew vorerst eine Absage erteilt.
Seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am 24. Februar hat Papst Franziskus mehrmals seine Bereitschaft bekundet, zwischen Kiew und Moskau zu vermitteln. Im Interview mit dem Corriere della Sera erinnerte er daran, dass er direkt am ersten Kriegstag mit dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelenskyj telefoniert habe. Putin habe er dagegen nicht angerufen, zum letzten Mal habe er im Dezember 2021 mit dem russischen Präsidenten gesprochen. Stattdessen habe er „eine klare Geste“ setzen wollen, „die die ganze Welt sehen kann, und deshalb bin ich zum russischen Botschafter“ gegangen.
Von ukrainischer Seite ist Papst Franziskus sowohl von Präsident Zelenskyj und dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko als auch von der katholischen Kirche des Landes zu einem Besuch des kriegsversehrten Landes eingeladen worden. Für die nächste Zukunft schloss der Papst eine Reise in die Ukraine jedoch aus. In einem Interview mit der argentinischen Tageszeitung La Nacion Ende April erklärte er, er könne nichts tun, das „übergeordnete Ziele gefährdet“, namentlich das „Ende des Kriegs, einen Waffenstillstand oder wenigstens einen humanitären Korridor“. Wenn der Krieg am nächsten Tag weitergehe, nütze ein Besuch des Papstes nicht, fügte er an. Zugleich verwies er auf die Arbeit des Vatikans im Hintergrund, der „Vatikan ruht nie“. Diese Einstellung bekräftigte der Papst im Interview mit dem Corriere della Sera: „Ich fühle, dass ich nicht dahin [nach Kiew] gehen sollte. Noch nicht. Zuerst muss ich nach Moskau reisen. Ich will zunächst Putin treffen. Aber am Ende bin ich nur ein Priester, was kann ich eventuell erreichen? Ich werde tun, was ich kann.“
Im Interview mit La Nacion teilte Papst Franziskus auch mit, das ursprünglich für Juni geplante Treffen mit dem russischen Patriarchen Kirill zu verschieben. Papst Franziskus bedauerte den Entscheid, aber die vatikanische Diplomatie sei der Meinung, dass „ein Treffen zwischen uns zu diesem Zeitpunkt viel Verwirrung stiften könnte“. Aus seiner Sicht sei aber Verständigung besser als Konfrontation, er fördere zudem seit jeher den interreligiösen Dialog. Seine Beziehung zu Patriarch Kirill bezeichnete er als „sehr gut“.
Einen anderen Ton schlug der Papst nun im Interview mit dem Corriere della Sera an, als er sein Videogespräch mit Patriarch Kirill vom 16. März kommentierte. 40 Minuten habe er mit dem Patriarchen gesprochen. Dieser habe die ersten 20 Minuten mit einem vorbereiteten Papier Rechtfertigungen für den russischen Einmarsch vorgetragen. „Ich habe ihm zugehört und dann gesagt: ‚Ich habe nichts davon verstanden. Mein Bruder, wir sind keine Staatskleriker. Wir dürfen nicht die Sprache der Politik sprechen, sondern die Sprache Jesu“, so Franziskus. Sie seien schließlich beide „Hirten des Gottesvolkes“. Deshalb müssten sie nach Wegen zum Frieden suchen und einen Waffenstillstand anstreben. An Kirill gerichtet, fügte der Papst hinzu: „Der Patriarch kann sich nicht zum Messdiener Putins machen.“
Die Öffentlichkeitsabteilung des Moskauer Patriarchats reagierte umgehend auf diese päpstliche Kritik und erklärte, es sei „bedauerlich, dass Papst Franziskus anderthalb Monate nach seinem Gespräch mit Patriarch Kirill einen unangemessenen Ton wählte, um den Inhalt dieses Gesprächs widerzugeben. Solche Äußerungen dürften kaum zu einem konstruktiven Dialog zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Russischen Orthodoxen Kirche beitragen, der gerade in diesen Zeiten notwendig ist.“ Zudem fasste die Öffentlichkeitsabteilung die Äußerungen Kirills vom Videogespräch vom 16. März zusammen, bei dem der Patriarch an die für Russland bedrohliche Osterweiterung der NATO erinnert habe.
Zumindest in diesem Punkt scheint der Patriarch beim Papst auf ein gewisses Verständnis zu stoßen, so suchte das katholische Kirchenoberhaupt im Gespräch mit dem Corriere della Sera nach Gründen, die Putins Entscheidungen beeinflusst haben könnten. So könnte „das Gebell der NATO vor Russlands Tür“ Putin zur Invasion in die Ukraine gezwungen haben. (NÖK)
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