Patriarch Kirill soll auf EU-Sanktionsliste
Das Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) soll auf die Sanktionsliste der Europäischen Union aufgenommen werden. Laut übereinstimmenden Medienberichten schlägt die EU-Kommission in ihrem sechsten Sanktionspaket gegen Russland neben anderen Maßnahmen ein Einreiseverbot für Patriarch Kirill und ein Einfrieren seines Vermögens vor. Auf der Sanktionsliste sollen 58 Personen stehen, die den Krieg gegen die Ukraine unterstützen.
Das Moskauer Patriarchat kritisierte die angedachten Maßnahmen scharf. Je „wahlloser die Sanktionen werden, je mehr sie die Verbindung zum gesunden Menschenverstand verlieren, desto weiter entfernt ist die Erreichung des Friedens“, für den die ROK in jeder Liturgie mit dem Segen Kirills bete, erklärte Vladimir Legojda, der Leiter der Synodalabteilung für die Beziehung der Kirche zur Gesellschaft und den Medien. Zudem erinnerte er daran, dass der Patriarch aus einer Familie stamme, deren Mitglieder im Kommunismus während Jahrzehnten Repressionen wegen ihres Glaubens und ihrer moralischen Position erlebt hätten. Niemand von ihnen habe sich vor dem Gefängnis oder Gewaltakten gefürchtet. Daher könne nur jemand, der die Geschichte der ROK überhaupt nicht kenne, glauben, ihre Geistlichen und Gläubigen könnten mit der „Einfügung in irgendwelche Listen“ eingeschüchtert werden, führte er in seinem Telegram-Kanal aus.
Insbesondere die litauische Regierung hatte sich für EU-Sanktionen gegen Patriarch Kirill wegen seiner Unterstützung für den Krieg in der Ukraine eingesetzt. Der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis hatte gegenüber Medien bestätigt, einen solchen Vorschlag eingereicht zu haben. Aus seiner Sicht sei Patriarch Kirill kein Seelsorger, sondern beschäftige sich mit der „Zerstörung von Seelen, indem er den Krieg und all die Schrecken, die sich in der Ukraine abspielen, unterstützt“. Die ROK hatte bereits den litauischen Vorschlag verurteilt. Die „Einführung von Sanktionen gegen religiöse Anführer ist Unsinn, eine Absage an den gesunden Menschenverstand“, sagte Vladimir Legojda gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax. Zudem hieß es aus der ROK, das sei „irgendeine Antidiplomatie“, da es die Aufgabe der Außenpolitik sei, „immer die Kommunikationskanäle zu bewahren, und nicht ihre letzten Möglichkeiten zu zerstören“.
Sanktionen gegen Patriarch Kirill und andere Führungsfiguren der ROK fordert auch eine Gruppe von Abgeordneten aus verschiedenen Fraktionen im ukrainischen Parlament. Der Resolutionsentwurf mit der Nummer 7332 wurde am 29. April in der Rada registriert. Der Entwurf betrifft Patriarch Kirill, Metropolit Ilarion (Alfejev), den Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Erzpriester Nikolaj Balaschov, Ilarions Stellvertreter, und Metropolit Tichon (Schevkunov) von Pskov und Porochov, der als Beichtvater des russischen Präsidenten Vladimir Putin und einflussreiche Figur gilt. Im Erklärungsschreiben heißt es, diese Kirchenvertreter unterstützten den Krieg gegen die Ukraine systematisch und aktiv und legitimierten die militärische Invasion und den Genozid an den Ukrainern durch die russischen Streitkräfte. Die Sanktionen würden Geschäfts- und Reisetätigkeiten der Betroffenen in der Ukraine massiv einschränken.
Ein mögliches Verbot der Ukrainischen Orthodoxen Kirche, die dem Moskauer Patriarchat untersteht, ist in der Rada inzwischen auf Eis gelegt worden. Rada-Sprecher Ruslan Stefantschuk erklärte, solche Fragen sollten nach dem Sieg der Ukraine gelöst werden. Gemäß seinen Angaben überwog die Befürchtung, dass eine Annahme des Gesetzesvorschlags zu einer Spaltung der ukrainischen Gesellschaft führen könnte. Angesichts des Kriegs sei die Verabschiedung des Gesetzes nicht angebracht, da die „ukrainische Nation einig sein muss“. (NÖK)
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