Belarus: Inhaftierung von Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ verlängert
In Minsk ist ein Strafverfahren gegen den orthodoxen Priester Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ eröffnet worden. Ihm wird die Teilnahme an Massenunruhen – Art. 342 des belarusischen Strafgesetzes – vorgeworfen. Am 9. Dezember hätte er nach der Verbüßung des siebten Arrests in Folge aus dem Gefängnis entlassen werden sollen, doch als Verdächtiger bleibt er nun weiterhin in Haft. Er befindet sich seit seiner Verhaftung am 31. August 2022 im berüchtigten Okrestina-Gefängnis in Minsk.
Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ ist Geistlicher der Belarusischen Orthodoxen Kirche (BOK) und dient in der Kirche der Erscheinung des Herrn in Minsk, zudem ist er Dozent für Philosophie an der Geistlichen Akademie in Minsk. Am 31. August wurde seine Wohnung durchsucht, im Anschluss wurde er verhaftet. Am 1. September wurde er zu einem 14-tägigen Arrest verurteilt, seither hat er jeweils nahtlos den nächsten administrativen Arrest erhalten und ist nie mehr freigekommen. Das belarusische Bürgerrechtszentrum Vjasna stuft ihn als politischen Gefangenen ein.
Am 1. Dezember veröffentlichte die Gruppe Christliche Vision einen Aufruf zu seiner Freilassung und kritisierte die Haftbedingungen scharf. Faktisch seien die Haftbedingungen „Folter und eine unmenschliche, entwürdigende Behandlung“. In der Zelle, die für vier Personen ausgelegt sei, befänden sich rund 20 Personen, zudem sei sie schlecht geheizt und gelüftet. Das Licht brenne rund um die Uhr, es gebe keine Schlafplätze, so dass die Inhaftierten auf dem Boden schlafen müssten, in der Kleidung, die sie bei der Verhaftung getragen haben. Jegliche Sendungen, auch Kleidung, Hygieneartikel, Medikamente und Vitamine, sowie die Postkorrespondenz seien verboten. Seit einer Coronavirus-Infektion und Lungenentzündung in der Haft leide Bagamolnikaŭ an schwerem Husten. Wegen der schlechten Ernährung drohe ihm Skorbut, zudem habe er viel Gewicht verloren, die nötige medizinische Versorgung und Medikamente würden ihm nicht gewährt. Sein Gesundheitszustand ist laut ehemaligen Mithäftlingen besorgniserregend.
Erschwerend kommt hinzu, dass Bahamolnikaŭ wegen eines Hungerstreiks 2021, mit dem er seine Solidarität mit dem politischen Gefangenen Igar Losik ausdrückte, physisch geschwächt ist. Die Gruppe stuft den Druck auf den Geistlichen als Folter und entwürdigende Behandlung entsprechend der UN-Konvention gegen Folter und andere unmenschliche Behandlung ein und fordert seine sofortige Freilassung. Zudem verlangt sie eine unabhängige Untersuchung, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Die Leitung der BOK ruft sie zur „nötigen Mithilfe zur Befreiung“ des Geistlichen und seiner medizinischen Versorgung auf.
Ein ehemaliger Zellengenosse, der bekannte belarusische Philologe und ehemalige Mitarbeiter der Akademie der Wissenschaften, Sjarhej Garanin, richtete einen emotionalen Aufruf an die Öffentlichkeit, das Leben des Priesters zu retten. Da die Okrestina kein normales Gefängnis, sondern ein sog. Isolationszentrum bzw. Untersuchungsgefängnis ist, seien die dortigen Haftbedingungen äußerst hart, schlimmer als in allen anderen belarusischen Gefängnissen. Normalerweise blieben Häftlinge nicht lange dort, doch Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ sei schon drei Monate dort und sein Gesundheitszustand verschlechtere sich. Er „ist ein mutiger Mensch und hält sich würdig und stark, er unterstützt andere“, berichtet Garanin. „Sie können ihm nichts antun“, eine faktische Anschuldigung gebe es auch nicht, erklärte er weiter. Er habe ein Totengebet für Raman Bandarenka, einen getöteten belarusischen Demonstranten, abgehalten, aber das sei seine seelsorgerische Pflicht. Darum „wird er in der Okrestina getötet“. Garanin versuchte in seinem Appell die orthodoxen Geistlichen mit dem Hinweis aufzurütteln, dass sie die nächsten sein könnten. Metropolit Veniamin (Tupeko), das Oberhaupt der BOK, warnte er, „diese Sünde“ werde auf seinem Gewissen lasten.
Solidarität mit Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ wurde auch aus dem Ausland bekundet. So zeigte sich die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Petra Bosse-Huber, um den Inhaftierten sowie die zahlreichen weiteren politischen Gefangenen in Belarus besorgt. Die Haftbedingungen seien „menschenverachtend, qualvoll und dazu angelegt, die Gefangenen systematisch an Leib und Seele zu brechen – brutal, gezielt und gnadenlos“. „Belarus braucht aber aufrichtige Menschen wie Uladzislaŭ Bahamolnikaŭ, die an das Gute und an Gerechtigkeit glauben und sich dafür einsetzen. Er soll leben dürfen – und muss in Freiheit kommen“, so Bosse-Huber. (NÖK)
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