Ukraine: Protestaktion der UOK gegen Diskriminierung
Mehr als 20‘000 Gläubige und Geistliche der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) haben sich am 15. Juni 2021 zu einem „Steh-Gebet“ in Kiew versammelt. Damit wollten die aus der ganzen Ukraine Angereisten ihre Zugehörigkeit zur UOK zeigen und die Regierung dazu auffordern, die Kirche vor „verfassungswidrigen“ Gesetzen und Diskriminierung zu schützen. Sie überreichten dem Parlament und dem Präsidenten eine Erklärung mit Vorschlägen, zwei Gesetze abzuändern, die ihrer Ansicht nach gegen ihre Kirche gerichtet sind.
Viele der Teilnehmenden hätten ihre Angelegenheiten und ihre Arbeit zuhause liegengelassen, um nach Kiew zu kommen und gehört zu werden, erklärte Erzbischof Nikolaj (Potschtovyj), Vikarbischof von Kiew. Sie wollten darauf aufmerksam machen, dass „es im 21. Jahrhundert im Zentrum Europas weiterhin Verfolgung aufgrund der religiösen Zugehörigkeit gibt“. Seit der Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) konkurrieren die OKU und die UOK in der Ukraine miteinander. Die zwar autonome, aber dem Moskauer Patriarchat unterstehende UOK ist von der Anzahl der Gemeinden noch immer die größte Kirche im Land, fühlt sich aber vom Staat gegenüber der OKU benachteiligt.
Der Protest richtete sich insbesondere gegen zwei „antikirchliche“ Gesetze; diese widersprächen der Verfassung, „verletzen die Religionsfreiheit und diskriminieren Bürger der Ukraine, die zur UOK gehören, stören den bürgerlichen Frieden und schaden dem internationalen Image des Landes“. Im Zentrum stehen zwei Gesetze: das Gesetz Nr. 2662-VIII verlangt, dass religiöse Organisationen, deren Zentrale sich in einem „Aggressorstaat“ befindet, dies in ihrem Namen ausdrücken. Dementsprechend müsste die Bezeichnung der UOK „russisch“ enthalten. Das Gesetz 2673-VIII betrifft das Recht von Kirchgemeinden, mit einem Mehrheitsbeschluss zu einer anderen Jurisdiktion überzutreten. Die UOK wirft der OKU vor, mithilfe dieses Gesetzes gewaltsam Gemeinden an sich zu reißen.
Die Gesetze wurden unter der vorherigen Regierung der Ukraine unter der Führung von Präsident Petro Poroschenko verabschiedet, der sich aktiv für die Schaffung der OKU eingesetzt hatte. Die neue Regierung unter Präsident Volodymyr Zelenskyj, die seit dem Frühjahr 2019 an der Macht ist, hat die Gesetze nicht geändert. Bei ihrem Protest vor der Rada übergaben die Betenden den Parlamentarier*innen eine Erklärung, danach zogen sie zum Büro des Präsidenten, dessen Vertreter sie ebenfalls die Petition zur Abschaffung der Gesetze übergaben. Darin heißt es, sie hätten ihn zum Präsidenten gewählt und „riesige Hoffnungen“ in ihn gesetzt. In erster Linie hätten sie Frieden für die Ukraine gewollt und ein Ende der „Gewalt“ gegen die UOK. Die Hoffnungen hätten sich teils erfüllt, doch die Gewalt dauere noch an. Als „Ihre Wähler“ baten sie Zelenskyj, die betreffenden Gesetze abzuschaffen. Außerdem riefen sie ihn auf, die Einladung an Patriarch Bartholomaios, der die Ukraine im Sommer besuchen soll, zurückzuziehen.
Präsident Zelenskyj vermutete hinter der Protestaktion die pro-russische Partei Oppositionsplattform – Für das Leben. Es seien vor allem alte Frauen und Kinder mit den gelben Mützen der Partei zu sehen gewesen. Dies wurde kurz darauf von einem Berater des Präsidentenbüros korrigiert. Kurz nach dem Massengebet der Anhänger der UOK habe in der Nähe eine kleine Protestaktion von Unterstützern der Oppositionsplattform stattgefunden. „Selbstverständlich haben sich die Worte des Präsidenten nicht im Geringsten auf die Veranstaltung der UOK und noch viel weniger auf die Gefühle der Gläubigen bezogen“, betonte der Präsidentenberater. Dies sei von den Medien falsch wiedergegeben worden. Außerdem sei es Zeit, dass „einzelne Politiker und Medien aufhören, aktiv mit der Religion zu spekulieren“, das wäre zumindest „ethisch“ und sogar „professionell“. (NÖK)
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