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Ukraine: Geistliche der UOK wollen Patriarch Kirill vor ein Kirchengericht bringen

20. April 2022

Über 400 Geistliche der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die dem Moskauer Patriarchat untersteht, haben einen Aufruf unterschrieben, den russischen Patriarchen Kirill vor ein Kirchengericht zu stellen. Dabei schwebt ihnen eine Versammlung der Vorsteher der antiken östlichen Kirchen vor, also der Leiter der orthodoxen Kirchen von Konstantinopel, Alexandria, Antiochien und Jerusalem. Die Vorsteher der antiken Patriarchate hätten im Laufe der Kirchengeschichte mehrmals die Funktion eines höchsten Kirchengerichts der Orthodoxie übernommen.

Angesichts der „offenen Unterstützung“ von Patriarch Kirill für den Krieg Russlands gegen die Ukraine hoffen die Verfasser des Appells auf eine „gerechte Entscheidung“ der antiken Kirchen. Sie werfen Kirill zwei zentrale Vergehen vor. Erstens predige er die Doktrin der „Russischen Welt“, die den Kirchenlehren widerspreche und als Häresie eingestuft werden sollte. Zweitens habe Kirill „moralische Verbrechen“ begangen, indem er den Krieg gegen die Ukraine gutgeheißen und die „aggressiven Handlungen der russischen Truppen“ in der Ukraine unterstützt habe.

In einem zweiten Teil wenden sich die Geistlichen an die Vorsteher der orthodoxen Lokalkirchen und schildern das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Angesichts des brutalen Kriegs empfänden sie es als Geistliche als ihre seelsorgerische Pflicht, sich an die Weltorthodoxie zu wenden. Mit Verweis auf die Empörung der Geistlichen und Gläubigen der UOK über Patriarch Kirills Haltung unterstützen die Unterzeichner die Weigerung einiger Bischöfe und Geistlicher, Patriarch Kirill nicht mehr zu kommemorieren. Doch das genüge nicht, es sei „unmöglich für uns, weiterhin in irgendeiner Form dem Moskauer Patriarchen kanonisch unterstellt zu sein“. Dies erfordere ihr „christliches Gewissen“, erklären die Unterzeichner. Sie drücken ihre Solidarität mit dem Volk und ihre volle Unterstützung für den ukrainischen Staat und dessen Streitkräfte aus. In der Vorstellung der „Russischen Welt“ sehen die ukrainischen Geistlichen eine ideologische Grundlage für den aktuellen Krieg. Diese sei von Patriarch Kirill persönlich während vieler Jahre gefördert worden.

Abschließend verkünden die Geistlichen ihre Treue zur Weltorthodoxie und ihren Wunsch, in voller Kommunion mit dieser zu stehen, und verurteilen jegliche Versuche, ihre Zugehörigkeit zu dieser einzugrenzen. Die Gesamtorthodoxie sollte Kirills Erklärungen und Handlungen aufmerksam und verantwortungsvoll verfolgen. Die Geistlichen rufen die Vorsteher der Lokalkirchen auf, den russischen Krieg gegen die Ukraine klar zu verurteilen, den russischen Präsidenten aufzurufen, den Krieg umgehend zu beenden und alle besetzen Gebiete der Ukraine zurückzugeben. Zudem sollten sie Kirills öffentliche Äußerungen über den Krieg und die Doktrin der „Russischen Welt“ vor dem Hintergrund der Kirchenlehre untersuchen und beurteilen.

Am 7. April verabschiedete auch das Europäische Parlament eine Resolution über die „wachsende Repression in Russland, inklusive dem Fall von Alexej Navalnyj“. Darin wird auch die Rolle von Patriarch Kirill als Oberhaupt der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) verurteilt, der den „theologischen Deckmantel für Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine“ geliefert habe. Zudem lobt die Resolution den Mut der russischen Priester, die einem Brief den Krieg verurteilt und zu seiner Beendigung aufgerufen haben.

Auch Laien der UOK fordern eine Distanzierung vom Moskauer Patriarchat. So rufen rund 240 Gläubige Metropolit Onufrij (Berezovskij), das Oberhaupt der UOK, und deren ganzen Episkopat auf, Kirill nicht mehr zu kommemorieren und ihn und alle Unterstützer der russischen Invasion mit dem Kirchenbann zu belegen. Sie bitten ihn, sich für die Lehre der Kirche einzusetzen und die UOK vor der „politisierten Orthodoxie“ des Moskauer Patriarchats – der „Russischen Welt“ – zu schützen. Dazu solle der Hl. Synod der UOK die Deklaration orthodoxer Theologen zur „Russischen Welt“ gutheißen. Zudem soll er Beratungen mit den Lokalkirchen aufnehmen, um ein Panorthodoxes Konzil einzuberufen und die Häresie zu verurteilen. Außerdem fordern die Laien einen Dialog mit der Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), um die Spaltung zwischen den orthodoxen Gläubigen und Bürgern der Ukraine zu überwinden. Für diese schwierige Aufgabe könne der ukrainische Präsident als Vorbild dienen, der sich zum Wohl des Landes um einen Friedensdialog mit der ganzen Welt und sogar dem Feind bemühe. Außerdem fordern die Unterzeichner:innen des Appells, dass Metropolit Onufrij den Abbruch der eucharistischen Gemeinschaft der ROK mit dem Ökumenischen Patriarchat verurteilen soll. (NÖK)

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