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Zypern: Erzbischof kommemoriert Metropolit Epifanij

29. Oktober 2020

Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Zypern, Erzbischof Chrysostomos (Dimitriou), hat bei einem Gottesdienst erstmals Metropolit Epifanij (Dumenko) von Kiew, das Oberhaupt der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (OKU), kommemoriert. Mit der Nennung des Metropoliten bei der Weihe des neuen Bischofs von Arsinoe am 24. Oktober hat Chrysostomos indirekt die Autokephalie und Legitimität der OKU anerkannt. Die Anerkennung der Ende 2018 gegründeten OKU, der vom Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios im Januar 2019 die Autokephalie verliehen worden war, spaltet seither die Weltorthodoxie. Bisher haben außer dem Ökumenischen Patriarchat die Griechische Orthodoxe Kirche und das Patriarchat von Alexandria die OKU anerkannt.

Chrysostomos erklärte später, seine Entscheidung, Epifanij zu kommemorieren, diene der Orthodoxie und der Kirche von Zypern. Zwar habe er bisher eine neutrale Position vertreten, aber nun habe er Stellung beziehen müssen, obwohl die Hl. Synode seiner Kirche nicht einverstanden gewesen sei. Deren Mitglieder hätten nichts von seiner Entscheidung gewusst. So verließ Metropolit Athanasios (Nikolaou) von Limassol denn auch aus Protest den Gottesdienst noch vor seinem Ende.
Noch am selben Tag veröffentlichte Metropolit Athanasios mit drei weiteren Hierarchen der Orthodoxen Kirche von Zypern – Metropolit Nikiphoros (Kykkotis) von Kykkos, Metropolit Isaias (Kykkotis) von Tamasos und Bischof Nikolaos (Timiadis) von Amathous – ein Statement, in dem sie die Handlungen ihres Oberhaupts scharf verurteilen. Darin drückten sie ihre „große Beunruhigung und tiefe Trauer“ aus und bezeichneten das Vorgehen als „grobe Verletzung des synodalen, kollektiven und demokratischen Aufbaus unserer orthodoxen Kirche“. Der Erzbischof habe an der Sitzung der Hl. Synode vom 9. September die Frage nach der Anerkennung der OKU aufgeworfen, doch es sei entschieden worden, sie an einer späteren Sitzung zu erörtern, damit alle Mitglieder ihre Position darlegen und eine synodale Entscheidung getroffen werden könne. Sie kritisierten zudem das Vorgehen von Patriarch Bartholomaios bei der Verleihung der Autokephalie an die OKU grundsätzlich und bezeichneten es als „eigenmächtig, antikanonisch und antikirchlich“. Chrysostomos verschlimmere die sowieso schon angespannte Lage der orthodoxen Kirchen und vergrößere die Gefahr einer Spaltung. Abschließend riefen sie die Bischöfe der Kirche von Zypern auf, eine außerordentliche Sitzung der Hl. Synode zur Klärung dieser Frage zu verlangen.
Die OKU reagierte mit Dankbarkeit auf die Nachricht ihrer Anerkennung durch das Oberhaupt der Kirche von Zypern. Zum kritischen Statement der vier Hierarchen sagte der Sprecher der OKU, Erzbischof Evstratij (Zorja), dass sich jeder ausrechnen könne, ob die vier Verfasser ihre Position in der 18-köpfigen Hl. Synode durchsetzen können. Zudem kenne der Erzbischof von Zypern seine Kirche und hätte deshalb diesen „Schritt nie unternommen, wenn er nicht überzeugt wäre, dass er sich dabei auf die Unterstützung der Mehrheit stützt“. Zudem habe Chrysostomos versprochen, eine Sitzung der Hl. Synode zur Klärung der Frage einzuberufen, wenn die Mitglieder darum bitten sollten.
In der OKU besteht nun die Hoffnung, dass bald andere orthodoxe Lokalkirchen folgen werden. Metropolit Oleksandr (Drabynko) glaubt, dass das Patriarchat von Jerusalem die OKU ebenfalls anerkennen wird. Auch für die Rumänische Orthodoxe Kirche gebe es in dieser Hinsicht seiner Meinung nach keine Hindernisse.
Metropolit Antonij (Pakanitsch) von Borispol, der Geschäftsführer der dem Moskauer Patriarchat unterstehenden Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), sprach sich dafür aus, auf offizielle Informationen aus Zypern zu warten. Das Vorgehen stimme zudem nicht mit der Position der Hl. Synode überein, die als einzige die Kirche von Zypern vertrete. Nun gelte es, die Reaktionen anderer Bischöfe abzuwarten, erst dann könne man das Vorgefallene beurteilen. Außerdem verwies Antonij auf die andauernde „Einmischung der Interessen der Politik und Geopolitik in die Angelegenheiten der Kirche“. Die unter diesem Einfluss getroffenen Entscheidungen heilten das Schisma nicht, sondern würden im Gegenteil zu neuen Spaltungen führen.
Der Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, Metropolit Ilarion (Alfejev), bedauerte den Schritt von Erzbischof Chrysostomos gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA. Die Reaktion der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) darauf werde der Hl. Synod beschließen, doch er nehme an, dass Erzbischof Chrysostomos in der ROK nicht mehr kommemoriert werde. Das bedeute den Abbruch der eucharistischen Gemeinschaft mit ihm, nicht aber mit der Kirche von Zypern. Mit den Hierarchen, die Chrysostomos Position nicht teilten, werde die Gemeinschaft aufrechterhalten. Das Vorgehen des Erzbischofs von Zypern erklärte Ilarion mit Druck vonseiten des Patriarchats von Konstantinopel und der USA. Die USA seien daran interessiert, die ROK zu „schwächen“ sowie die „griechische Welt“ und die „slawische Welt“ einander gegenüberzustellen. (NÖK)

NÖK Nachgefragt: Zur aktuellen Lage in der Ukraine

Anfang 2019 ist die Orthodoxe Kirche der Ukraine entstanden und existiert nun neben der Ukrainischen Orthodoxen Kirche. Im Videogespräch nimmt Prof. Dr. Thomas Bremer zur aktuellen Lage der Orthodoxie in der Ukraine Stellung.


Is There a "Frozen Conflict" in Orthodoxy?
Zur Bezeichnung des innerorthodoxen Konflikts um die Ukraine ist in letzter Zeit der Begriff des "eingefrorenen Konflikts" aufgetaucht. Regina Elsner untersucht, inwiefern der Begriff zutrifft und was zur Lösung eines solchen Konflikts nötig wäre.

Toward a New Ecclesiological Paradigm? Consequences of the Ukrainian Autocephaly
Thomas Bremer weist darauf hin, dass in der Ukraine mit der Gründung der OKU eine ähnliche Situation wie in der orthodoxen Diaspora entstanden ist, bei der mehrere Bischöfe für das gleiche Territorium zuständig sind, und plädiert für eine Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung.

Cyril Hovorun zum ersten Jahr der Orthodoxen Kirche der Ukraine
Ein Jahr nach der Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine schildert Cyril Hovorun, wie sich die neue Kirche seither entwickelt hat und wie sich ihre Beziehungen zu Kirchen in der Ukraine sowie der Weltorthodoxie gestalten.

Georgios Vlantis zur Anerkennung der Orthodoxen Kirche der Ukraine durch Athen
Nach einer längeren innerkirchlichen Debatte hat die Orthodoxe Kirche von Griechenland die neue Orthodoxe Kirche der Ukraine anerkannt. Georgios Vlantis geht auf die Debatte ein und erläutert die Motive von Erzbischof Hieronymos von Athen.

Ukrainian Autocephaly and Responsibility toward the Faithful
Das Komitee für inter-orthodoxe und inter-christliche Beziehungen der Hl. Synode der Griechischen Orthodoxen Kirche hat sich in den letzten Monaten mit der Ukraine-Frage beschäftigt und an der Bischofsversammlung vom 12. Oktober seine Ergebnisse präsentiert; hier ein Auszug.

Proposal for dealing with the Ukrainian issue
Metropolit Hierotheos (Vlachos) von Navpaktos schlägt ein mögliches Vorgehen in der Ukraine-Frage vor, nachdem er sich bereits 2008 und 2014 und in den letzten beiden Jahren mehrfach zum Thema geäußert hat.

Filaret’s Final Act and the Future of the Orthodox Church of Ukraine
Der ehemalige Kiewer Patriarch und Ehrenpatriarch der OKU, Filaret (Denisenko), versucht seine Position in der OKU auszubauen. Nicholas Denysenko erläutert die aktuelle Lage und schildert mögliche Entwicklungen.

Tornike Metreveli zu Wahlen und Religion in der Ukraine

Tornike Metreveli spricht über die Rolle der Religion im ukrainischen Präsidentschaftswahlkampf und darüber, was sich mit der Gründung der Orthodoxen Kirche der Ukraine für die Gläubigen und Priester an der Basis verändert hat.


Kirche in Kiew: Lokales Handeln und globaler Glauben
Über die Autokephalie der Orthodoxen Kirche der Ukraine werden hitzige Debatten geführt. Konstantin Sigov ruft in Erinnerung, dass aus theologischer Sicht alle orthodoxen Kirchen den einen Leib Christi bilden. Diese Einheit ist tiefer als alle ethnischen, politischen oder linguistischen Unterschiede.

Orthodoxie in der Ukraine: Panorama und Entwicklungstendenzen
Anlässlich des Vereinigungskonzils vom 15. Dezember, an dem das Oberhaupt der neuen autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine gewählt wurde, blickt Bohdan Ohultschanskyj auf die Spaltungen und Bemühungen um Autokephalie in der Ukraine seit den 1990er Jahren zurück.

After the Council: Challenges Facing the Orthodox Church of Ukraine
Am 15. Dezember hat ein Vereinigungskonzil in der Ukraine das Oberhaupt der neuen autokephalen Orthodoxen Kirche der Ukraine gewählt. Nicholas Denysenko identifiziert drei zentrale Herausforderungen, vor denen die neue Kirche nun steht.


Die Autokephaliefrage der Ukrainischen Orthodoxen Kirche: Plädoyer für einen sozialethischen Ansatz
In der Debatte um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche wird oft kanonisch oder historisch argumentiert, dabei bleibe die konkrete Situation der Betroffenen auf der Strecke, erklärt Cezar Marksteiner-Ungureanu; deshalb plädiert er für einen sozialethischen Ansatz.

Assaad Elias Kattan über die Folgen des Bruchs zwischen Moskau und Konstantinopel
Der Bruch zwischen Moskau und Konstantinopel wird zahlreiche Auswirkungen haben, beispielsweise auf die Zusammenarbeit in orthodoxen Institutionen in der Diaspora, erklärt Assaad Elias Kattan. Zugleich bezweifelt er, dass andere orthodoxe Kirchen Moskau folgen werden.

The Case for Constantinople
John Chryssavgis, griechisch-orthodoxer Priester in Amerika und theologischer Berater des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios in Umweltfragen, nimmt zu den Spannungen zwischen den Patriarchaten von Moskau und Konstantinopel in der Ukraine-Frage Stellung.

Kann die Geschichte den Konflikt um die ukrainische Autokephalie lösen?
In den Debatten um eine mögliche Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche wird immer wieder historisch argumentiert. Thomas Bremer und Sophia Senyk untersuchen diese Argumentation und ihr Potential, zur Konfliktlösung beizutragen.

Sergii Bortnyk zur Situation der ukrainischen Orthodoxie
Die Entsendung zweier Exarchen in die Ukraine durch das Ökumenische Patriarchat hat die Spannungen um eine mögliche Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche zusätzlich befeuert. Zu den aktuellen Entwicklungen in der Ukraine nimmt Sergii Bortnyk Stellung.

Unabhängige Kirche in der Ukraine: Friendensgarant oder Kriegstreiber?
Der Streit um eine autokephale Kirche in der Ukraine eskaliert zusehends. Regina Elsner analysiert im ZOiS Spotlight anhand der vier friedensethischen Leitkategorien – Recht, Gerechtigkeit, Gewalt und Herrschaft – Risiken und Chancen der Entwicklung.

Die russische Kirche verliert die Ukraine
Sergej Chapnin interpretiert das Treffen der Patriarchen von Moskau und Konstantinopel vom 31. August 2018, bei dem es um die Frage der Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche ging, und vermutetet einen unerfreulichen Ausgang für die Russische Orthodoxe Kirche.

Liliya Berezhnaya zur Frage der Autokephalie in der Ukraine
Die jüngsten Bemühungen um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche haben zahlreiche Reaktionen ausgelöst. Liliya Berezhnaya erläutert die Rollen und Absichten der Beteiligten und setzt die Autonomiebestrebungen in einen historischen Kontext.

The Promise of Autocephaly in Ukraine: What’s at Stake?
Im April 2018 hat Präsident Petro Poroschenko, unterstützt vom Parlament, den Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios offiziell um die Autokephalie für die Ukrainische Orthodoxe Kirche gebeten. Nicholas Denysenko analysiert, was für die verschiedenen Akteure auf dem Spiel steht.