Griechenland: Athener Erzbischof erkennt Orthodoxe Kirche der Ukraine an
Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Griechenland, Erzbischof Hieronymos (Liapis), hat in einem offiziellen Schreiben an Metropolit Epifanij (Dumenko) die Anerkennung der im Dezember 2018 neu gegründeten Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU) durch die Kirche von Griechenland bestätigt. Am 10. November kommemorierte Erzbischof Hieronymos erstmals selbst den Namen von Metropolit Epifanij in der Göttlichen Liturgie. Die Russische Orthodoxe Kirche reagierte darauf mit dem Abbruch der eucharistischen Gemeinschaft mit dem Athener Erzbistum.
Der Anerkennung der OKU durch die Orthodoxe Kirche von Griechenland war eine längere innerkirchliche Debatte vorausgegangen. Auf ihrer außerordentlichen Vollversammlung am 12. Oktober hatten die griechischen Bischöfe zwei Synodalbeschlüsse vom August bestätigt. Damit anerkannten sie das Recht des Ökumenischen Patriarchats zur Verleihung der Autokephalie sowie das Privileg des Vorstehers der Kirche von Griechenland, die Anerkennungsfrage in Bezug auf die Ukraine weiter zu behandeln. Am 19. Oktober konzelebrierten Erzbischof Hieronymos und der Ökumenische Patriarch Bartholomaios gemeinsamen in Thessaloniki; dabei wurde auch Metropolit Epifanij in den liturgischen Fürbitten kommemoriert.
Letzte Unklarheiten über die Position der Orthodoxen Kirche von Griechenland räumte Erzbischof Hieronymos mit seinem Friedensschreiben vom 21. Oktober an Metropolit Epifanij zur Seite. Das Schreiben ist die Antwort auf den Brief des Metropoliten vom Dezember 2018, in der er über die Gründung der OKU und seine Wahl zu deren Oberhaupt informiert hatte. Hieronymos gratuliert darin Epifanij zur Wahl und freut sich, dass „die Barriere, die zwischen Ihnen und uns stand, die wir Orthodoxe und Brüder in allem sind, endlich zerbrochen wurde.“ Er wünsche ihm, „die Kirche der Ukraine völlig von der Unruhe zu befreien, die […] ihre Einheit zerstört, und vollständigen Frieden, Ruhe und Standfestigkeit zur Ehre Gottes und der ganzen Orthodoxie wiederherzustellen.“
Die Reaktion der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK), die dem Moskauer Patriarchat untersteht, macht jedoch deutlich, dass von Frieden und Ruhe vorerst keine Rede sein kann. Der Hl. Synod der UOK verurteilte Hieronymosʼ Entscheidung, die „den heiligen Kanones und Traditionen der Kirche widerspricht und einen schweren Fehler darstellt, der die Orthodoxie in der Ukraine ebenso wie die panorthodoxe Einheit verletzt.“ Die Entscheidung sei ein „Dolchstoß in den Rücken der kanonischen UOK.“ Gleichzeitig wird in der Erklärung denjenigen griechischen Bischöfen, Priestern, Mönchen und Laien gedankt, die ihre Stimme zur Verteidigung der kanonischen Ordnung erhoben hätten, um Erzbischof Hieronymos vor überhasteten Entscheidungen abzuhalten.
Die Erklärung der UOK spiegelt die Strategie des Moskauer Patriarchats wider, zwischen griechischen Bischöfen, welche die OKU anerkennen, und denjenigen, die diesem Schritt nicht folgen, zu unterscheiden. Am 3. November kommemorierte Patriarch Kirill erstmals nicht Metropolit Hieronymus in der Liturgie. Anders als im Fall des Ökumenischen Patriarchats gilt der Abbruch der Communio jedoch nicht für die gesamte Orthodoxe Kirche von Griechenland, sondern nur für Hieronymos und seine Eparchie, bzw. allen griechischen Bischöfen, die sich Hieronymosʼ Entscheidung anschließen. Dies hatte der Hl. Synod der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) bereits in einer Erklärung am 17. Oktober angedroht: Man werde die Kirchengemeinschaft mit allen Geistlichen fortsetzen, die sich „gegen eine Anerkennung des ukrainischen Schismas“ aussprechen. Mit den griechischen Bischöfen, die eine „Gemeinschaft mit Vertretern der ukrainischen unkanonischen schismatischen Gruppen eingegangen sind oder eingehen werden“, könne es jedoch keine Kirchengemeinschaft geben. „Wir geben auch nicht unseren Segen zu Pilgerfahrten in Eparchien, die von den oben genannten Bischöfen geführt werden“, heißt es in der Erklärung weiter.
Mittlerweile werden auf den Websites des Außenamts und des Pilgerzentrums des Moskauer Patriarchats sechs griechische Eparchien genannt, in die Pilgerfahrten unerwünscht sind, da deren Hierarchen in Kirchengemeinschaft mit der OKU eingetreten sein: Athen, Langadas, Veroia, Arta, Trikki und Staggoi sowie Dimitrias. Mit seiner Sanktionspolitik will die ROK offenkundig einen Keil unter die griechischen Bischöfe treiben und andere orthodoxe Landeskirchen vor einer Anerkennung der OKU abhalten.
Für die Entscheidung der Orthodoxen Kirche von Griechenland, die OKU anzuerkennen, wird von russischer Seite vor allem auswärtiger Druck verantwortlich gemacht: Im Interview mit der Zeitung „Komsomolskaja Prawda“ machte Metropolit Ilarion (Alfejev), der Leiter des Kirchlichen Außenamts, vor allem den Druck aus Konstantinopel für die Athener Entscheidung verantwortlich. Zudem habe auch die US-Botschaft in Athen Druck auf Erzbischof Hieronymos ausgeübt. In die gleiche Kerbe schlug auch der russische Außenminister Sergej Lavrov, der darauf hinwies, dass US-Außenminister Mike Pompeo Athen vor dem Brief von Hieronymos an Metropolit Epifanij besucht habe. „Offenkundig wollen die USA das, was sie bereits getan haben, nicht stoppen und versuchen, das Schisma in der orthodoxen Welt als ganzer zu vertiefen“, so Lavrov.
Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Zypern, Erzbischof Chrysostomos II., der sich mehrfach um eine Vermittlung in der Ukraine-Frage zwischen Moskau und Konstantinopel bemüht hatte, erklärte gegenüber der griechischen Website „Romfea“, dass er der Haltung des Moskauer Patriarchen nicht zustimme: „Die Haltung des Moskauer Patriarchen ist nicht akzeptabel. Wir können nicht die Gemeinschaft mit einem kirchlichen Oberhaupt aufkündigen, weil wir mit einer Entscheidung nicht einverstanden sind. Wir kündigen die eucharistische Gemeinschaft nur mit Kirchen auf, die häretisch geworden sind. Soviel ich weiß, sind weder der Ökumenische Patriarch noch der Erzbischof von Athen Häretiker. Das heißt aber nicht, dass ich mit ihnen übereinstimme. Wir wollten helfen, indem wir ein Treffen zustande bringen, um eine Lösung zu finden, aber sie wollten das nicht. Daher haben wir nicht darauf bestanden. Weder der Ökumenische Patriarch noch der Patriarch von Moskau wollten ein solches Friedenstreffen. So hat sich die Kirche von Zypern entschieden, neutral zu bleiben. Wir stimmen mit keiner der beiden Seiten überein“. (NÖK)
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