Schweiz: Kritik an ÖRK-Besuch in Moskau
Das Treffen des amtierenden Generalsekretärs des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), Ioan Sauca, mit dem russischen Patriarchen Kirill Mitte Oktober hat scharfe Kritik hervorgerufen. Sie sei „entsetzt ob der Mutlosigkeit der Delegation und Respektlosigkeit gegenüber den Hoffnungen vieler Mitgliedskirchen für dieses Treffen“, schrieb Rita Famos, Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, auf Facebook. Für ihren Post erhielt sie viel Lob, zahlreiche Theologinnen und Theologen sowie Vertreter von Schweizer Kirchen schlossen sich ihren Worten an.
Bei dem Treffen habe Sauca die Position des ÖRK missachtet, der an seiner Vollversammlung im September 2022 in Karlsruhe Russland als Aggressor und den Krieg als Invasion Russlands benannt hatte. Zudem kritisierte Famos, dass Sauca die „heuchlerischen Worte“ des Patriarchen über „Friedensbemühungen“ nicht herausgefordert und die Drohnenangriffe auf die Zivilbevölkerung und zivile Infrastruktur in der Ukraine nicht verurteilt habe. Sie warf dem ÖRK-Generalsekretär vor, die „Position der Ukraine zugunsten eines Hofierens vor dem Patriarchen der größten Mitgliedkirche“ geopfert zu haben. Außerdem bemängelte sie die rein männliche Zusammensetzung der Delegation, die dem Geist der Vollversammlung widerspreche. Ein „Dialog, der nicht herausfordert, klar kommuniziert und stattdessen nur vernebelt, ist zwecklos und kein ‚Dialog‘ im eigentlichen Sinn“, schrieb Rita Famos weiter, die „Reise hat ihr Ziel verfehlt“.
Gegen die Vorwürfe wehrte sich Ioan Sauca in einem Interview mit der Pressestelle des ÖRK, das als „exklusiv“ bezeichnet wurde. Bei dem mehrere Stunden dauernden Treffen, zu dem auch eine Privataudienz mit dem Patriarchen gehört habe, seien „keine Themen gemieden oder verschwiegen“ worden. Die Delegation habe „sehr klar“ die Haltung des ÖRK in seinen Erklärungen „kommuniziert“ und sei in ihren „Präsentationen mutig“ gewesen. Nicht alles stehe im Bericht zu dem Treffen, bedingt von den „Umständen örtlich geltender Gesetze und der dringenden Notwendigkeit, den Dialog fortzusetzen“. Trotz allem Willen zur Wahrheit müsse der ÖRK „feinfühlig“ mit den Lebensrealitäten der Kirchen umgehen und „sicherstellen, dass wir nicht noch mehr Schaden anrichten“.
Sauca betonte, beim Besuch weiter gegangen zu sein als der ÖRK in seinen Erklärungen und nach der theologischen Haltung von Patriarch Kirill zum Krieg in der Ukraine sowie nach seiner Bezeichnung des Kriegs als „metaphysischem Kampf“ gefragt zu haben. Diese Fragen habe Kirill beantwortet, wie dem Bericht zu entnehmen sei. Insgesamt habe die Delegation ihren Auftrag erfüllt: „Wir haben unseren Auftrag erfüllt; wir haben Patriarch Kirill besucht und mit ihm gesprochen, wir haben einen Dialog angestoßen und haben vernommen, dass auch die russische Seite den Dialog fortsetzen möchte“, so Sauca. Zudem verwies der Generalsekretär auf die Erklärungen des ÖRK seit Kriegsbeginn sowie auf seinen Briefwechsel mit Patriarch Kirill und dem russischen Präsidenten Vladimir Putin, um die Haltung des ÖRK zu illustrieren. Mit Blick auf die Zukunft erklärte Sauca, der ÖRK werde weiterhin die „Situation beobachten“ und den Dialog fortsetzen. Zudem werde der ÖRK den Dialog mit der Orthodoxen Kirche der Ukraine weiterführen und „die Besuche vorbereiten“, die aufgrund ihres Antrags auf eine ÖRK-Mitgliedschaft nötig seien.
Kurz nach Saucas Besuch in Moskau appellierte am 20. Oktober zudem der Allukrainsiche Rat der Kirchen und religiösen Organisationen an den ÖRK. Der Rat beklagte in seinem Statement die Missachtung des humanitären Völkerrechts seitens Russlands, das die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur in der Ukraine mit Raketen und Drohnen angreift. Russland verstecke nicht seine Absicht, die überlebenswichtige Infrastruktur ukrainischer Städte zu Beginn des Winters zu zerstören. Außerdem halte sich Russland demonstrativ nicht an die internationalen Abkommen zur Behandlung von Kriegsgefangenen. Daher bat der Allukrainische Rat den ÖRK um Hilfe bei der Rückholung gefangener Ukrainerinnen und Ukrainer. Insbesondere appellierte er an den ÖRK, die Ukraine dabei zu unterstützen, Russland zur Einhaltung der humanitären Abkommen zu bringen. (NÖK)
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