Ukraine: Mönche bleiben im Kyjiwer Höhlenkloster
Trotz staatlicher Anordnung, das Kyjiwer Höhlenkloster bis zum 29. März zu räumen, haben die Mönche der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) die Lavra nicht verlassen. Die Klostergemeinschaft stellte beim Wirtschaftsgericht von Kyjiw einen Antrag, die einseitige Auflösung des Nutzungsvertrags seitens des Staates als unrechtmäßig einzustufen. Am 31. März aber entschied das Gericht, nicht darauf einzugehen. Die nächste Verhandlung vor dem Gericht ist für den 26. April angesetzt. Zudem erklärte das Ministerkabinett am 30. März den Erlass von 2013 über die kostenlose Nutzung des Höhlenkloster durch die UOK für ungültig. Damit sei die Verwaltung der Lavra an den Staat übergegangen, da der Staat der Eigentümer des Klosterkomplexes ist.
Im Kyjiwer Höhlenkloster haben das Oberhaupt der UOK, Metropolit Onufrij (Berezovskij), und die Kirchenleitung ihren Sitz, zudem ist die Theologische Akademie auf dem Areal untergebracht. Am 10. März hatte das ukrainische Kulturministerium den seit 2013 geltenden, unbefristeten Nutzungsvertag aufgrund angeblicher Verstöße gegen die Nutzungsbedingungen seitens des UOK aufgelöst und zugleich angeordnet, dass die UOK die Lavra verlassen muss. Ungeachtet dieser Aufforderung feierte Metropolit Onufrij am 2. April die Liturgie im Höhlenkloster.
Am 30. und 31. März blockierten Gläubige der UOK den Zugang zum Höhlenkloster. Dadurch konnte die staatliche Kommission, die eine Inventur in der Klosteranlage durchführen und die Übernahme durch den Staat organisieren soll, keine Gebäude betreten und arbeiten. Kulturminister Oleksandr Tkatschenko erklärte gegenüber Radio Svoboda, das Verwehren des Zutritts sei der Polizei gemeldet worden. Sollte es so weitergehen, würde das Kulturministerium Klage einreichen, was den Einsatz von Sicherheitskräften nach sich ziehen würde. Am 3. April eröffnete die Polizei eine Untersuchung. Metropolit Onufrij wandte sich am 4. April nach einem Gebet im Höhlenkloster an die Gläubigen und dankte ihnen, dass sie sich seit Tagen betend beim Kloster versammelten. Er dankte ihnen außerdem, dass sie sich „christlich benehmen“, obwohl es viele „Provokationen gibt“.
Der umstrittene Vorsteher des Höhlenklosters, Metropolit Pavlo (Lebid), der wegen Kollaborationsverdacht auf der Sanktionsliste der ukrainischen Regierung steht, musste am 1. April vor einem Kyjiwer Bezirksgericht erscheinen. Dieses stellte ihn für zwei Monate unter Hausarrest, zu dessen Überprüfung dem Abt eine elektronische Fußfessel angelegt wurde. Es handelt sich dabei um eine präventive Maßnahme, die vorgerichtliche Untersuchung läuft noch. Zudem verbot das Gericht Pavlo die Teilnahme an Gottesdiensten im Höhlenkloster. Einen Antrag, dem Abt das Aufnehmen und Veröffentlichen von Videos zu verbieten, lehnte das Gericht ab. Vorgeworfen wird Pavlo das Schüren von religiöser Feindschaft sowie die Rechtfertigung oder Verleugnung des bewaffneten Angriffs Russlands auf die Ukraine.
In einer Videobotschaft hatte Metropolit Pavlo am 29. März die Behörden heftig angegriffen. Dem ukrainischen Präsidenten Volodymyr Zelenskyj und seiner „Schar“ drohte er, dass „unsere Tränen nicht auf die Erde fallen werden, sondern euch auf den Kopf“. Gott werde Zelenskyj und seiner Familie nicht verzeihen. Über Kulturminister Tkatschenko sagte er, dieser sei „besessen von Raserei, Bösartigkeit, Hass und teuflischem Wahn“. Zelenskyj warf er vor, diesen gewähren zu lassen. Der Präsident verteidigte am 29. März in seiner täglichen Videoansprache das staatliche Vorgehen. Es sei ein „Schritt, um die spirituelle Unabhängigkeit des Staats zu stärken und die Gesellschaft vor der alten und zynischen Manipulation der Religion durch Moskau zu schützen“. Die Ukraine sei das Gebiet mit der „größten Religionsfreiheit in unserem Teil Europas“. Das sei seit der ukrainischen Unabhängigkeit 1991 so und werde auch immer so bleiben.
Der Hl. Synod der UOK hatte schon am 23. März in einem Statement die Gläubigen dazu aufgerufen, dem Glauben treu zu bleiben, der „nicht die Spaltung predigt, sondern die Einheit, nicht den Groll, sondern die Versöhnung, nicht die Grausamkeit, sondern die Barmherzigkeit“. Er dankte für die Unterstützung und Gebete und rief zu verstärktem Beten auf, sowie das Höhlenkloster „mit allen legalen Mitteln“ zu schützen.
Metropolit Epifanij (Dumenko), das Oberhaupt der konkurrierenden Orthodoxen Kirche der Ukraine (OKU), forderte die Protestierenden beim Höhlenkloster, die sich für den Auszug der UOK einsetzten, auf, sich „gemessen“ zu verhalten und keine Konflikte zu provozieren. Die Gläubigen sollten „auch nicht zugunsten eines guten Ziels böse Taten“ verüben. Die Feinde der Ukraine wollten religiösen Hass in der Bevölkerung säen, gerade deshalb gelte es, sich um gegenseitiges Verständnis und Einheit zu bemühen. Die OKU wolle das Höhlenkloster nicht „von Mönchen oder Studenten befreien“, sondern von den Verirrungen der „Russischen Welt“ und dem Dienst für Putin.
Von den über 200 Mönchen im Höhlenkloster ist bisher lediglich einer zur OKU gewechselt.Archimandrit Avraamij (Lotysch) wurde von Metropolit Epifanij nicht nur aufgenommen, sondern auch zum Vorsteher des Höhlenklosters ernannt. Von der UOK wurde er umgehend mit einem Verbot, Gottesdienste zu feiern und die Kommunion zu empfangen, sanktioniert. Avraamij wandte sich an seine früheren Mitbrüder und rief sie auf, ebenfalls überzutreten und als Mitglieder der OKU im Kloster zu bleiben.
Auch der Hl. Synod der OKU, der am 28. März tagte, rief die Mönche auf, sich mit der OKU zu vereinigen. Er drückte seine Unterstützung für den staatlichen Beschluss aus, den Nutzungsvertrag mit der UOK aufzulösen, betonte aber zugleich, dass das monastische Leben in der Lavra unbedingt bewahrt werden müsse und das Abhalten von Gottesdiensten nicht unterbrochen werden dürfe. Für die Organisation eines eigenen monastischen Lebens sowie für Gottesdienste und andere religiöse Aktivitäten bat der Hl. Synod die Regierung, der OKU Räumlichkeiten auf dem Territorium des Kyjiwer Höhlenklosters zu überlassen. (NÖK)
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