Russland: Bischofsversammlung unterstützt Kurs von Patriarch Kirill

27. Juli 2023

Die Bischofsversammlung der Russischen Orthodoxen Kirche hat die ukrainische Staatsmacht als „direkten Erben der bolschewistischen Gottesbekämpfer“ bezeichnet und ihr eine „Verfolgung“ der Ukrainischen Orthodoxen Kirche (UOK) vorgeworfen. In dem Schlussdokument ihres Treffens am 19. Juli erklärten die Bischöfe, für die russischen Befehlshaber und Soldaten zu beten, damit sie vor Verletzungen, Gefangenschaft und Tod bewahrt würden. Für die auf dem Schlachtfeld Gefallenen, die ihr „Leben für den Glauben und die Heimat gegeben haben“, wünschten sie ewiges Gedenken. Vom Wunsch nach einem Waffenstillstand oder gar Frieden ist im Dokument nirgends die Rede.

In der Resolution heißt es zudem, die am Krieg beteiligten Soldaten bräuchten „besondere seelsorgerische Aufmerksamkeit und Sorge“. Ebenso wichtig sei das Engagement der Geistlichen bei der Rehabilitation zurückgekehrter Soldaten. Die Bischöfe sollten außerdem dafür sorgen, dass die Militärgeistlichen mit Familie weiterhin ihr Einkommen aus ihren Gemeinden erhielten. In der schwierigen aktuellen Situation seien die seelsorgerischen Bedürfnisse der Gläubigen besonders groß, deshalb rief die Versammlung alle Bischöfe und Priester der ROK zu unermüdlicher Arbeit auf.

In seinem Vortrag an der Bischofsberatung warf Patriarch Kirill der ukrainischen Regierung vor, eine „Liquidierung“ der UOK anzustreben, ohne die „sog. europäischen Werte“, darunter Religionsfreiheit und Menschenrechte, im Geringsten zu achten. Zugleich griff Kirill die Ukrainische Griechisch-Katholische Kirche (UGKK) scharf an. Die „sog. Griechisch-Katholischen“ nähmen tatkräftig am „Schüren und Unterstützen der Verfolgungen orthodoxer Menschen der Ukraine“ teil. Die „Unierten“ gehörten letztlich zu den „Nutznießern der zahlreichen illegalen Beschlagnahmungen orthodoxer Kirchen in der Ukraine“. Die Idee der griechisch-katholischen Kirche habe seit dem 16. Jahrhundert den „orthodoxen Christen auf dem Territorium der Rzeczpospolita, zu der einst Länder gehörten, die von russischen orthodoxen Menschen bewohnt waren, unermessliches Leiden gebracht“. Der Patriarch sprach in diesem Zusammenhand von einer „erzwungenen Polonisierung und Katholisierung der russischen orthodoxen Bevölkerung in den westrussischen Gebieten“. Heute „identifizieren sich die Unierten vollständig mit der in der Ukraine gehegten nationalistischen Agenda“ und seien zu „Komplizen“ der ukrainischen Regierung in der „Diskriminierungspolitik“ gegenüber der UOK geworden, führte Kirill weiter aus.

Zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sagte Patriarch Kirill, dieser sei ein „Ausdruck eines globaleren Konflikts zwischen Zivilisationen“. Eine davon bewege sich immer weiter von den „von Gott gebotenen Pfeilern des Lebens“ weg, die andere bemühe sich, diese zu bewahren. Der ersteren sei es gelungen, die ukrainische Regierung und einen Teil der Bevölkerung in diesen Konflikt zu ziehen und damit den „brudermörderischen Streit zwischen den Menschen des gleichen Bluts und Glaubens in Russland und der Ukraine zu provozieren“. Als Beleg dafür, dass die Ukraine manipuliert werde und der Krieg vom Westen angezettelt worden sei, führte er die ausländische militärische Unterstützung für die Ukraine an. Er bedauerte die massive Zerstörung und die vielen Opfer, erwähnte jedoch die Verantwortung Russlands dafür nicht.

Patriarch Kirill sprach außerdem von einem Krieg gegen die weltweite Orthodoxie, die so geschwächt werde. Dabei diene das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel schon seit Jahren als „Mittel in den Händen geschickter Manipulatoren“. Gerade das Beispiel der „Missachtungen der kanonischen Wahrheit“ durch das Ökumenische Patriarchat lasse „neue Verfolger der Orthodoxie“ folgen. Zudem sprach er von den „schismatischen Aktivitäten“ des Ökumenischen Patriarchats, beispielsweise in Estland und in jüngster Zeit in Litauen und Lettland. Im Schlussdokument schlossen sich die Bischöfe dieser Meinung an, sie bezeichneten das Patriarchat von Konstantinopel als „Instrument politischer Kräfte, die der Orthodoxie feindlich gegenüberstehen“. Seine Leiter seien geblendet von der Gier, ihre privaten Interessen und Ambitionen zu befriedigen.

An der Bischofsberatung hatte Metropolit Ilarion (Alfejev), der frühere Leiter des Außenamts des Moskauer Patriarchats, der zu Beginn des Ukraine-Kriegs nach Budapest versetzt worden war, einen prominenten Auftritt. Als Leiter der synodalen biblisch-theologischen Kommission stellte er deren Dokument „Über die Entstellung der orthodoxen Kirchenlehre in den Handlungen der Hierarchie des Patriarchats von Konstantinopel und den Auftritten seiner Vertreter“ vor. Mit diesem Auftritt wurde die Einheit innerhalb der ROK demonstriert, an der aufgrund der Versetzung von Ilarion, der zuvor als „Nummer 2“ nach Kirill gegolten hatte, gezweifelt worden war.

An der Bischofsversammlung standen zudem noch eine Präsentation von Igumenija Xenia (Tschernega), der Leiterin der Rechtsabteilung des Moskauer Patriarchats, über Veränderungen in der weltlichen Gesetzgebung sowie die Diskussion und Verabschiedung des Schlussdokuments auf der Tagesordnung. Der Hl. Synod hatte an seiner Sitzung am 29. Dezember 2022 entschieden, die Versammlung einzuberufen, an der alle Bischöfe in Russland teilzunehmen verpflichtet waren, während die Bischöfe der ROK aus anderen Ländern nach Möglichkeit anreisen sollten. Die letzte Bischofsberatung hatte 2015 stattgefunden. Sie verfügt nicht über keine vergleichbaren Entscheidungskompetenzen wie die Vollversammlung der Bischöfe oder ein Landeskonzil. (NÖK)

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