Schweiz: ÖRK-Generalsekretär macht ukrainische Kirchen für Scheitern des Runden Tischs verantwortlich
Jerry Pillay, der Generalsekretär des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), hat die Verschiebung des geplanten Runden Tischs mit den beiden orthodoxen Kirchen in der Ukraine und der Russischen Orthodoxen Kirche (ROK) mit „politischen Herausforderungen und anderen Komplexitäten“ auf Seiten der ukrainischen Kirchen begründet. In seinem Bericht an den Exekutivausschuss des ÖRK, der vom 8. bis zum 14. November in Nigerias Hauptstadt Abuja tagte, verwies Pillay darauf, dass die Russische Orthodoxe Kirche „sehr positiv auf die Einladung“ reagiert habe und an dem Runden Tisch teilnehmen wollte.
Die Ukrainische Orthodoxe Kirche (UOK) habe ebenfalls Unterstützung zur ÖRK-Initiative signalisiert, aber eine Teilnahme schwierig gefunden, „solange die OKU [Orthodoxe Kirche der Ukraine] noch einen ‚Angriff‘ auf ihre Kirchgemeinden ausübt“. Zudem habe die UOK befürchtet, dass nicht alle ihre Teilnehmer in die Ukraine zurückkehren könnten, wenn sie ins Ausland reisten. Auf einen zweiten Brief des ÖRK an die UOK habe man nur noch „mündliche Antworten“ erhalten, aber „keine offizielle Verpflichtung zu dem Prozess“. Die OKU habe auf keinen der beiden Briefe des ÖRK „in irgendeiner formellen Weise“ geantwortet, obwohl aus „zuverlässigen Quellen“ auf eine positive Bereitschaft zur Teilnahme am Runden Tisch hingewiesen worden sei. Pillay bewertete die ausgebliebene Antwort als „eher unglückliche Wahl. Wenn sie offiziell geantwortet hätten, hätten wir zumindest unseren Weg durch diese Herausforderungen ermitteln und finden können.“
Selbstkritische Worte zu dem geplanten Vorhaben des Runden Tischs und dessen Scheitern vorerst fand Pillay keine, obwohl es im Vorfeld zahlreiche warnende Stimmen gegeben hatte. So hatte der ukrainische Theologe Cyril Hovorun den ÖRK davor gewarnt, auch die ROK zum Runden Tisch einzuladen, da diese aufgrund der kirchlichen Kriegspropaganda an keinem ernsthaften Dialog interessiert sei. Solch ein Runder Tisch wäre ein „Farce“. Hovorun hatte dem ÖRK stattdessen empfohlen, sich auf Versöhnungsbemühungen zwischen den beiden ukrainischen orthodoxen Kirchen zu konzentrieren.
Pillay berichtete dem Zentralausschuss auch von dem Besuch einer ÖRK-Delegation in Armenien, der unmittelbar vor und während der Eroberung von Berg-Karabach durch Aserbaidschan Mitte September stattgefunden hatte. 120.000 Armeniern waren daraufhin von Karabach nach Armenien geflohen. Der Generalsekretär zeigte sich dankbar, dass Armenien die geflohenen Menschen aufgenommen habe und sein Möglichstes tue, diese zu unterstützen. Es sei aber mehr Hilfe nötig, um in der Situation zu helfen. Pillay betonte: „Die zukünftige Sicherheit und Souveränität von Armenien – der ältesten christlichen Nation – und des historischen christlichen Erbes dieses Lands sind weiterhin gefährdet.“ (NÖK)